Der Weg ist das Ziel

„Hier in Neuseeland…“, hören wir uns sagen, als wir über die Passstraße am Jotunheimen Nationalpark in Richtung Geirangerfjord fahren. Wir befinden uns oberhalb der Baumgrenze und es ist kalt. Im Winter wäre die Straße gesperrt, genau genommen ist sie das wohl nicht selten bis in den Juni hinein. Die Gipfel unweit von uns sind mit Schnee bedeckt. Es sind die höchsten Gipfel Nordeuropas. Tiefblaue Bergseen links und rechts der Straße. Dazu Wasserfälle, die sich in glasklare Gebirgsbäche ergießen und die Bergseen versorgen. Die Landschaft ist traumhaft und wunderschön.

Wir sind jetzt, in diesem Moment in Norwegen angekommen.

Aber erstmal, der Reihe nach:

Die Stabkirche in Heddal war nach Oslo unser nächstes Ziel. Sie ist die Größte ihres Landes und liegt etwa 120km südwestlich von Oslo. Geplant war ein kurzer, schneller Besuch um dann sofort zum Geirangerfjord aufzubrechen. Dem zum UNESCO-Weltnaturerbe zählenden und wohl bekanntesten Fjord Norwegens.

Auf dem Weg nach Heddal merkten wir bereits, dass man auf den Straßen Norwegens nur langsam voran kommt. Und so verteilten sich die nur 120 km nach Heddal auch auf 2 Stunden, ohne Pause wohl gemerkt. Damit war an der Stabkirche schon klar, dass wir unser erklärtes Tagesziel zum Geirangerfjord heute nicht mehr schaffen werden.

Erstmal schauten wir uns die Stabkirche an und ehrlich gesagt hatten wir sie uns etwas größer vorgestellt. Und getreu dem Motto: „Die Nachfrage bestimmt den Preis“, mussten wir sogar umgerechnet 8,50€ Eintritt zahlen. Pro Person.

Wir rechneten hoch wieviel man einnehmen könnte, wenn man für unsere geliebte Hohe Domkirche Sankt Petrus zu Köln eintritt verlangen würde. Vielleicht eine Idee für das Erzbistum.

Die Kinder machten die langen Fahrten bis hierher eigentlich immer super mit. So auch heute, weshalb wir uns dazu entschieden den Weg zum Geirangerfjord heute noch anzutreten. Rund 500km lagen vor uns. Unser Reisekind und das Julimädchen sollten am nächsten Tag mal etwas weniger in ihre Sitze, was natürlich nicht klappte.

Dunkel wurde es zu diesem Zeitpunkt erst gegen 23:30 Uhr, also fuhren wir wenigstens so lange, bis es so dunkel war, dass Auto fahren keinen Spaß mehr machte um den Löwenanteil der langen Strecke hinter uns gebracht zu haben.

Irgendwo auf einem Rastplatz an der Landstrasse 51 fanden wir unser Nachtlager. Direkt an einem steilen Hang, wie wir am nächsten Morgen feststellten, dafür aber auch mit einem wundervollen Blick auf einen riesigen See im Tal.

Weiter ging es in der Früh. Die Kids packten wir mit ihren Schlafanzügen in ihre Sitze. Es war an diesem morgen so kalt, dass wir mit Heizung gefahren sind. Klar, wir waren ja auch schon ziemlich hoch über dem Meeresspiegel. Die etwa 150km, die noch vor uns lagen waren dann so, wie eingangs beschrieben. Wir passierten verschlafene Ortschaften, die in der kurzen Sommerpause Kraft tanken für die nächste Wintersportsaison. Wir fuhren über reissende Flüsse und wollten am liebsten alle paar Meter anhalten um ein Foto zu schießen. Unser Reisekind kam auch aus dem staunen nicht mehr raus und wollte jetzt unbedingt in den Schnee.

Wir kamen uns vor, wie in Neuseeland. Es hätte gut und gerne jeden Moment ein Hobbit auf die Strasse springen können. Oder ein Troll, denn wir waren ja in Norwegen.

Kurz vor Geiranger fassten wir den Entschluss, dass dieses landschaftlich so wundervolle Land es verdient hat ausgiebiger erkundet zu werden. Das bedeutet, wir würden jetzt durch Norwegen in Richtung Norden aufbrechen, bis zum Nordkap und durch Schweden zurück in Richtung Heimat. Damit war aber auch klar, Finnland würden wir auf dieser Reise nicht mehr kennen lernen. Womit wir aber leben können.

Manchmal, ist eben der Weg das Ziel. Vor allem, wenn er so traumhaft schön ist. Norwegen. Wir sind endlich angekommen.

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